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YouTube-Millionen: Wie soll das Geld verteilt werden?

  1. 98 % der YouTube-Verteilungssumme für die vergangenen Jahre werden als Zuschlag zu GEMA-Abrechnungssparten verteilt
  2. „YouTube-Hits“: Lediglich 2 % der Verteilungssumme werden auf Antrag direkt verrechnet
  3. Werbemusik geht (fast) leer aus: 90%-Abzug für T-FS Werbung, keine Vergütung für Musik in YouTube-Vorschaltwerbungen

Liebe Mitglieder,

die GEMA und YouTube haben sich für die Jahre 2009 bis 2016 auf einen zweistelligen Millionenbetrag geeinigt und darüber hinaus eine Vereinbarung für die Zukunft geschlossen. Nähere Inhalte des Vertrages (und damit auch die exakte Höhe der gezahlten Vergütung) unterliegen leider der Geheimhaltung.

In den vergangenen Wochen hat die GEMA bei Infoveranstaltungen in verschiedenen Städten unter anderem ein Modell für die YouTube-Verteilung präsentiert, welches bei der diesjährigen GEMA- Mitgliederversammlung (15. – 17. Mai in Berlin) zur Abstimmung kommen soll.

Ein kurzer Überblick ist auf der GEMA-Website zu finden:

https://www.gema.de/fileadmin/user_upload/News_Daten/2018/Roadshow2018_Verteilung-GOP-GOP_VR- YouTube.pdf

Diese Zusammenfassung gibt allerdings nur einen kleinen Teil der von der GEMA bei ihren Veranstaltungen präsentierten Inhalte wieder. Insbesondere einige kontrovers diskutierte Aspekte fehlen aus unserer Sicht.

1. Zuschlag zur FS- und T-FS-Verteilung

Für die Jahre 2009 bis 2016 hat die GEMA von YouTube zwar eine Summe im zweistelligen Millionenbereich, jedoch keinerlei Nutzungsmeldungen erhalten.

Statistische Erhebungen darüber, in welchem Umfang verschiedene Musikinhalte (zum Beispiel in Fernsehbeiträgen) auf YouTube vorhanden sind bzw. genutzt werden, sind laut Darstellung der GEMA nicht aussagekräftig und können daher als Grundlage für eine Verteilung nicht herangezogen werden.

Aus diesem Grund ist seitens der GEMA vorgesehen, fast die gesamten YouTube-Einnahmen als Zuschlag zu den Mitglieder-Abrechnungen 2011 bis 2016 zu verteilen. D.h., jedes GEMA-Mitglied bekommt einen pauschalen Zuschlag auf sein GEMA-Aufkommen dieser Jahre in (unter anderem) den Abrechnungssparten für Fernsehen, Radio und Online.

Ein Viertel der gesamten YouTube-Verteilungssumme soll dabei als Zuschlag zu den TV- Abrechnungssparten verteilt werden

Die Höhe dieses Zuschlags wird derzeit mit 1 bis 4 Prozent (je nach Abrechnungsjahr) auf das (verteilungsrelevante) GEMA-Aufkommen angegeben, wobei FS VR – wegen des geringeren Rechteumfangs – lediglich zu 10 % berücksichtigt wird, übrigens ebenso wie, als einzige Ausnahme, die Sparte T-FS Werbung (siehe Pkt. 3 auf Seite 4).

Diese Zuschlagsverteilung sehen wir aus folgenden Gründen kritisch:

Musiknutzungen auf großen Sendern wie ARD/Das Erste oder ZDF erbringen in den GEMA-Abrechnungen ein Vielfaches verglichen mit kleineren Sendern wie zum Beispiel KiKA oder n-tv. Dementsprechend wird der YouTube-Zuschlag für ARD-Sendungen deutlich höher ausfallen als der Zuschlag für KiKA.

Nach unserer Einschätzung findet sich dieses erhebliche Ungleichgewicht in der YouTube-Nutzungsrealität nicht wieder: Es ist beispielsweise nicht davon auszugehen, dass ARD-Sendungen auf YouTube zehnmal häufiger angeschaut werden als KiKA-Sendungen.

Im Gegenteil: Viele KiKA-Beiträge erreichen höhere YouTube-Abrufzahlen als ARD-Beiträge.

Unsere Empfehlung:

Die TV-Zuschlagsverteilung sollte zumindest um die TV-Senderkoeffizienten bereinigt werden, um die erheblichen Unterschiede in der Berechnungsgrundlage auszugleichen.

2. Der „Kompensationsfonds“

Wer nachweisen kann, dass seine Werke in größerem Umfang auf YouTube (Deutschland, Österreich und Schweiz) genutzt wurden, kann sich mit einem Antrag auf Direktverrechnung an den sog. „Kompensationsfonds“ wenden. Dieser beinhaltet 2 % der gesamten YouTube-Verteilungssumme, das sind nach unserer Schätzung weniger als 1 Mio. Euro.

Der Betrag pro YouTube-Abruf wird von der GEMA mit 0,015 Cent (= 0,00015 Euro) angegeben. Ansprüche können pro Werk ab 500.000 Clicks (= 75,- Euro) geltend gemacht werden.

Der Anspruch eines Mitglieds an den Fonds kann allerdings erst gestellt werden, wenn der daraus resultierende Anspruch mindestens das Doppelte des erhaltenen Zuschlags beträgt. Darüber hinaus wird der Anspruch mit dem YouTube-Zuschlag auf sein gesamtes (zuschlagsrelevantes) GEMA-Aufkommen verrechnet.

Wir haben erhebliche Bedenken hinsichtlich der Höhe und Ausgestaltung des Fonds.

Die Verrechnung der Zahlung aus dem Fonds mit dem gesamten YouTube-Zuschlag hat zur Folge, dass letztendlich nur Berechtigte ohne nennenswertes GEMA-Aufkommen tatsächlich mit Geld aus dem Fonds rechnen können.

Hingegen dürften zum Beispiel TV-Auftragskomponisten, die außerdem YouTube-Hits hatten, bei der Direktverrechnung aus dem Fonds für diese Hits leer ausgehen. Dabei ist es völlig unerheblich, ob ihre YouTube-Hits auch im Radio und Fernsehen erfolgreich waren oder nicht.

Es ist logisch, dass ein und dasselbe Werk nicht gleichzeitig an Zuschlags- und Direktverrechnung partizipieren sollte. Andererseits gibt es zahlreiche YouTube-Hits, die überhaupt nicht in Radio und Fernsehen stattfinden. Hat ein Urheber gleichzeitig einen solchen „reinen“ YouTube-Hit und ein nennenswertes GEMA-Aufkommen aus Radio und Fernsehen, so bringt ihm sein YouTube-Hit nichts ein.

Unsere Empfehlung:

Eine Zahlung aus dem Kompensationsfonds sollte nicht mit dem YouTube-Zuschlag auf das gesamte (zuschlagsrelevante) GEMA-Aufkommen verrechnet werden, sondern lediglich – abzüglich eines statistisch ermittelten Anteils – mit dem Zuschlag auf das GEMA-Aufkommen für das betreffende Werk.

Weil auf diese Weise deutlich mehr Berechtigte mit Zuwendungen aus dem Fonds zu rechnen hätten, würden wir eine dementsprechend deutliche Erhöhung der Mittel für den Kompensationsfonds empfehlen.

3. Zuschlag für T-FS Werbung nur zu 1/10, keine Vergütung für Vorschaltwerbung

Urheber von Werbemusik sind die klaren Verlierer der geplanten YouTube-Verteilung.

Laut eigener Aussage ist es der GEMA nicht gelungen, Musiknutzungen in sog. „Vorschaltwerbungen“ zum Teil des YouTube-Deals zu machen. Das bedeutet, dass Urheber dieser Musik hierfür keine GEMA erhalten.

Anders ist die Situation bei den Werbespot-Videos auf YouTube: Laut GEMA ist die darin enthaltene Musik Teil der mit YouTube verhandelten Rechte.

Allerdings soll es beim YouTube-Zuschlag für die Sparte T-FS Werbung einen 90%-Abzug geben. Als Begründung hierfür wird seitens der GEMA eine geringere Nutzungsintensität von Werbespot-Videos auf YouTube im Vergleich zu allen anderen TV-Inhalten angeführt.

Der geplante 90 %-Abzug für T-FS Werbung ist willkürlich.

Obwohl die GEMA laut eigener Aussage keine Informationen hat, ob bzw. in welchem Umfang die verschiedenen TV-Sparten auf YouTube genutzt werden, geht sie im Falle von Werbespots davon aus, dass diese auf YouTube zehnmal weniger angeklickt werden als alle anderen TV-Inhalte.

Dabei wird schlicht ignoriert, dass so gut wie sämtliche Werbespots auch als YouTube-Video vorliegen und dort häufig (z.B. als „embedded“ Spots) auf YouTube sehr hohe Klickzahlen erreichen. Darunter sind viele Spots, die wenig oder überhaupt nicht im Fernsehen stattfinden, während sie auf YouTube Millionen von Klicks erzielen. Eine geringere Nutzungsintensität von TV-Spots auf YouTube lässt sich also nicht belegen.

Andererseits gibt es zweifelsohne eine Unmenge sonstiger TV-Sendungen, für welche der Zuschlag in voller Höhe gezahlt wird, obwohl sie in nur geringem Umfang oder überhaupt nicht auf YouTube genutzt werden.

Was die fehlende Rechtewahrnehung bei der YouTube-Vorschaltwerbung betrifft, ist festzustellen: Wer im guten Glauben seine Online-Rechte zur Wahrnehmung an die GEMA übertragen hat und dementsprechend davon ausgehen durfte, dass die GEMA seine Online-Rechte auch im Falle der YouTube- Vorschaltwerbung wahrnehmen würde, muss jetzt erkennen, dass man seine Interessen zugunsten des Zustandekommens des YouTube-Deals geopfert hat.

Unsere Empfehlung:

Zum 90%-Abzug: Wenn die GEMA mangels Kenntnis der Nutzungshäufigkeit von TV-Inhalten auf YouTube pauschal per Zuschlag verteilt, dann hat sie den Zuschlag folgerichtig für alle TV-Sparten gleichermaßen anzuwenden. Aus diesem Grund empfehlen wir dringend die Gleichbehandlung für die Werbemusik.

Zur Vorschaltwerbung: Dass die GEMA die ihr übertragenen Rechte ohne jeden Ausgleich für die Betroffenen schlicht und einfach „untergehen“ lässt, ist nicht akzeptabel. Das weitere Vorgehen sollte daher geprüft werden.