Liebe Mitglieder,
am Mittwoch, den 8. Juni 2016 fand unter der Reichstagskuppel eine Podiumsdiskussion über die Bedeutung der Kultur für Gesellschaft und Wirtschaft statt. Mit dabei waren Bundeskanzlerin Angela Merkel, Kulturstaatsministerin Monika Grütters sowie andere MdBs und Vertreter der Kulturwirtschaft.
Bundeskanzlerin Merkel hielt eine sehr ausgewogene, gute, entspannte, humorvolle Rede, in der es keinen Zweifel gab, dass sie die Rechte der Autoren versteht und unterstützt. Ihre Aussage „Inhalte sind nicht zum Nulltarif zu haben“ lässt hoffen, dass die Bundesregierung uns im schwierigen Prozess der Veränderungen auf dem Nutzungsmarkt unterstützen wird, auch wenn es sicherlich nicht populär ist, für Autorenrechte einzutreten.
Im Rahmen der Veranstaltung hielt auch der Pianist und Dirigent Daniel Barenboim eine exzellente Rede, verbunden mit einem kleinen Konzert mit vier Mitgliedern seines israelisch-arabischen Orchesters.
Nach den einführenden Reden gab es vier parallel ablaufende Podiumsdiskussionen. Unser Präsident John Groves nahm an der Veranstaltung „Der Wert geistigen Eigentums und das Urheberrecht“ teil. Dort sprachen Stefan Heck (MdB), Dieter Gorny (Vorstandsvorsitzender Bundesverband Musikindustrie), Jo Lendle (Schriftsteller und Verleger, Carl Hanser Verlag) und Dr. Clemens Trautmann (Präsident Deutsche Grammophon).
Auffällig war hier, dass es sich bei den Vertretern der Kreativwirtschaft ausschließlich um Verwerter und nicht Urheber handelte. Die Verwerter waren alle auf ihre Art bemüht, zu betonen, dass sie in vielfacher Weise kreativ tätig waren oder sind.
Bei der Publikumsdiskussion kam John Groves als erster Teilnehmer zu Wort und drückte seine Enttäuschung darüber aus, dass kein Urheber auf dem Panel saß. Er betonte zudem, dass sich die Online-Welt bedauerlicherweise zu einem Opt-Out-System entwickelt hat, in dem Kreativschaffende nicht gefragt werden, ob ihre Inhalte verbreitet werden dürfen, sondern allenfalls nachträglich Inhalte – auf eigene Anstrengung hin – löschen lassen können, was in der Regel nicht zu einem „Stay-Down-Effekt“ führt, da die Inhalte meist kurzerhand von anderen Nutzern wieder hochgeladen werden. Er betonte die Notwendigkeit einer nachhaltigen Lösung in Form eines Stay-Down-Gesetzes und sorgte dafür, dass eine von verschiedenen Politikern geäußerte These relativiert wurde, nämlich, dass Kreative in der digitalen Sphäre doch sehr wohl durch die Möglichkeit von Löschanfragen eine Handhabe über ihr geistiges Eigentum hätten. In diesem Zusammenhang stellte John Groves auch den Vorschlag aus der politischen Runde in Frage, „Künstler“ sollten doch mehr live spielen und hätten durch 360-Grad-Deals mit Plattenfirmen oder anderen Verwertern ganz neue Merchandising-Möglichkeiten. Vor allem sei darauf zu achten, dass der Begriff „Künstler“ nicht missverständlich gebraucht werde, da es sich bei vielen Urhebern eben nicht um die Art „Künstler“ handelt, für die Merchandising und Ähnliches in Frage kommt.
Beim Thema Urhebervertragsrecht stimmte John Groves den Rednern zu, dass der erste Entwurf zu weit gegangen sei, da es die gemeinsamen Schaffensgrundlagen von Verwertern und Urhebern gefährdet hätte. Jedoch seien insbesondere vertragliche Transparenz und angemessene Vergütung aller stattfindenden Nutzungen von Werken unerlässlich für das wirtschaftliche Überleben der Urheber. Damit stellte John Groves sich auch gegen die durch die Verwerter auf dem Podium vertretene These, dass es nicht möglich sei, das Wort „angemessen“ in Vergütungsfragen zu definieren. Er sprach sich dafür aus, hier historische Vergleiche (ähnlich dem Vorgehen bei Gewerkschaften) heranzuziehen und vor allem zunächst mal klar unangemessene Vergütungspraktiken zu benennen. Die bei Urhebern ankommenden Vergütungen legaler Streamingdienste seien hier ein gutes Anfangsbeispiel.
Insgesamt bot die Veranstaltung eine gute Gelegenheit zu konstruktiven Gesprächen mit Kollegen aus der Kreativwirtschaft und Politikern aus dem Bundestag.
Mit freundlichen Grüßen
Euer Vorstand