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Liebe Mitglieder,

die Diskussion über die folgende Frage wird derzeit immer lauter:

Darf das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) der GEMA die Rundfunk-Ausschüttung zum 1. Juli 2014 untersagen, wenn die Mitgliederversammlung im April 2014 den Antrag zur „Neuordnung der Rundfunkverteilung“ ablehnt?

In diesem Fall würde es zum Zahlungstermin 1. Juli 2014 keine TV- und Radioabrechnung von der GEMA geben!

In ihrer Online-Veröffentlichung „Perspektiven für eine Reform der Rundfunkverteilung der GEMA: Fragen und Antworten“ teilt die GEMA Folgendes mit:

„(…) Der Abschluss der Gesamtverträge erfolgte im Jahr 2013. Das DPMA hat unmissverständlich deutlich gemacht, dass für dieses Jahr keine Ausschüttung nach dem alten Verteilungsmodell mehr erfolgen kann, sondern eine Reform notwendig wird, um die Ausschüttung zu gewährleisten. (…)“

Das entspricht inhaltlich dem, was der Vorstandsvorsitzende der GEMA, Dr. Harald Heker uns bereits bei der diesjährigen Mitgliederversammlung mitgeteilt hatte.

Der CC hatte daraufhin mit einem offenen Brief an die Präsidentin des DPMA gegen das angedrohte Auszahlungsverbot protestiert – allerdings ohne Erfolg bzw. verwertbare Stellungnahme seitens des DPMA.

Bei der Sitzung der erweiterten Verteilungsplankommission am 15. November wollte sich dann weder der Vertreter des DPMA noch die GEMA eindeutig äußern. Von Seiten der GEMA hieß es zumindest, es gäbe neben der Nicht-Ausschüttung auch die Möglichkeiten einer „Abschlagszahlung“ oder einer „Zahlung unter Vorbehalt“. Immerhin relativierte das die bisherigen Aussagen der GEMA.

Für uns stellt sich also die Frage: Handelt es sich bei der Androhung der Nicht-Ausschüttung um einen „Bluff“, um die GEMA-Mitgliederversammlung zum gewünschten Abstimmungsergebnis „zu bewegen“?

Wir haben daher unsere Justiziarin Frau Dr. Claudia Rossbach um ihre Einschätzung gebeten (Stellungnahme anbei).

Abschließend möchten wir klarstellen, dass es uns nicht um eine grundsätzliche Verhinderung einer (möglicherweise sinnvollen) Verteilungsplan-Änderung geht. Die Bewertung des Antrags sollte erst dann vorgenommen werden, sobald ausreichende Informationen seitens der GEMA vorliegen. Es geht uns vielmehr darum, dass die Mitgliederversammlung im April 2014 als Souverän der GEMA ohne Androhung wirtschaftlicher Konsequenzen über den Antrag abstimmen darf.

Euer Vorstand

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CC-Justiziarin Dr. Claudia Rossbach:

Stellungnahme zur Anfrage des CC-Vorstands

 Darf das DPMA der GEMA die Rundfunkabrechnung im Sommer 2014 untersagen, wenn die GEMA-Mitgliederversammlung im April 2014 den von GEMA-Vorstand und –Aufsichtsrat gestellten Antrag einer „Neuordnung der Rundfunkverteilung“ ablehnt?

Wie allseits bekannt, plant die GEMA die „Neuordnung der Rundfunkverteilung“, die auf einer vorgezogenen GEMA-Mitgliederversammlung (07. – 09.04.2014) in Berlin von der Mitgliederversammlung beschlossen werden soll. Die GEMA hatte mitgeteilt, dass sie vom Patent- und Markenamt (DPMA) angewiesen worden sei, die Rundfunkverteilung neu zu ordnen. Das DPMA hätte im Fall der Ablehnung der neu zu beschließenden Rundfunkverteilung die GEMA angewiesen, zum 01.07.2014 keine TV-/Radioausschüttung an die Berechtigten vorzunehmen.

Nach derzeitigen Erkenntnissen hat das DPMA seine Bedenken in Bezug auf die Verletzung des Willkürverbots gegenüber der GEMA formlos erörtert und kommuniziert, dass diesen Bedenken bei der Verteilung für das Jahr 2013 durch Änderung der Verteilungsbestimmungen Rechnungen zu tragen sei, um eine willkürfreie Verteilung zu gewährleisten.

Die Bedenken des DPMA verbunden mit der Ansage der GEMA, im Fall der Ablehnung des Antrags keine TV-/Radioausschüttung zum 01.07.2014 vorzunehmen, hat bei den betroffenen Berechtigten erhebliche Unsicherheit und Zwangslagen hervorgerufen. Ich habe daher auf Bitten des Vorstands rechtlich geprüft, ob das DPMA der GEMA die Rundfunkabrechnung im Sommer 2014 tatsächlich untersagen könnte, wenn der Antrag einer „Neuordnung der Rundfunkverteilung“ abgelehnt würde.

1.  Das DPMA ist zuständige Aufsichtsbehörde über die GEMA (vgl. § 18 UrhWG). Es hat gem. § 19 Abs. 1 UrhWG darauf zu achten, dass die Verwertungsgesellschaft den ihr nach diesem Gesetz obliegenden Verpflichtungen ordnungsgemäß nachkommt. So kann das DPMA einer Verwertungsgesellschaft, die ohne gesetzliche Erlaubnis tätig ist, z.B. die Fortsetzung des Geschäftsbetriebs untersagen (vgl. § 19 Abs. 2 S. 1 UrhWG).

2. Darüber hinaus kann das DPMA „alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um sicher zu stellen, dass die Verwertungsgesellschaft die sonstigen ihr obliegenden Verpflichtungen ordnungsgemäß erfüllt“ (vgl. § 19 Abs. 2 S. 2 UrhWG). Zu diesen gesetzlichen Verpflichtungen gehört auch die Verteilung der Einnahmen, die ein willkürliches Vorgehen bei der Verteilung ausschließen muss (vgl. § 7 UrhWG). Gerade dies hatte das DPMA allerdings im vorliegenden Fall ausdrücklich bemängelt. Doch in welchem Umfang kann das DPMA „alle erforderlichen Maßnahmen“ ergreifen?

2.1 Welche konkreten Maßnahmen das sind, legt das Gesetz nicht fest, das DPMA besitzt einen Ermessensspielraum, muss dabei allerdings die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit beachten; als Maßnahmen kommen formlose Hinweise, formelle Abmahnungen und Verwaltungsakte in Betracht (vgl. Dreier/Schulze, Urheberrecht, Kommentar 4. Aufl. 2013, § 19 UrhWG, Rdnr. 15). Verwaltungsakte sind schriftlich zu begründen und zur Durchsetzung können Zwangsgelder gem. § 21 UrhWG verhängt werden.

2.2 Nach einhelliger Auffassung hat das DPMA allerdings kein Selbsteintrittsrecht, d.h. es kann nicht anstelle der Verwertungsgesellschaft handeln und kann mithin beanstandete Regularien des Verteilungsplans einer Verwertungsgesellschaft nicht durch eigene Entscheidungen ersetzen (vgl. Loewenheim/Melichar, Handbuch des Urheberrechts 2. Aufl. 2010, § 50 Rdnr. 17 m.w.N.). Eine vom DPMA geforderte Änderung des Verteilungsplans kann satzungsgemäß nur durch die Mitglieder bzw. Gesellschafterversammlung erfolgen; weigert sich diese, ist der Vorstand bzw. die Geschäftsführung machtlos (so wörtlich Loewenheim/Melichar, a.a.O. sowie LG München I vom 19.07.2007, Az. 7 O 7870/06).  Der Vorstand der GEMA wäre in diesem Fall ggf. gehalten, die notwendige Änderung des Verteilungsplans notfalls mit rechtlichen Mitteln durchzusetzen, mithin die erforderliche Zustimmung der Mitglieder gerichtlich zu erzwingen (vgl. LG München I, a.a.O. S. 10). Solange dies jedoch nicht der Fall ist und der Verteilungsplan nicht geändert ist, besteht nach Ansicht des LG München I keine Berechtigung der Verwertungsgesellschaft, die Auszahlung zu unterlassen, da ein gültiger Verteilungsplan besteht, und derzeit nach meinen Informationen auch keine anderen Hinderungsgründe ersichtlich sind, die das LG München I erwähnt hatte (z.B. Nichtigkeit des Verteilungsplans).

2.3 Als ultimo ratio bliebe dem DPMA allenfalls noch die Androhung, der GEMA den Entzug der Erlaubnis anzudrohen (so Loewenheim/Melichar, a.a.O. sowie oben Ziffer 1.). Da das DPMA in der Ausübung der „erforderlichen Maßnahmen“ allerdings an die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit gebunden ist (s.o. 2.1), sind hier strenge Maßstäbe anzulegen und dieses scharfe Mittel dürfte auch nur bei wiederholten massiven Verstößen zur Anwendung kommen (vgl. Loewenheim/ Melichar, a.a.O. Rdnr. 19, 20). Dies könnte meines Erachtens allenfalls dann passieren, wenn der Antrag zur „Neuordnung der Rundfunkverteilung“ tatsächlich abgelehnt würde und sich die GEMA entsprechend den im Urteil des LG München I ausgeführten Grundsätzen nicht um die Umsetzung eines ordnungsgemäßen Verteilungsplanes bemühen würde. Dies ist meines Erachtens also nach derzeitiger Lage ein höchst unwahrscheinlicher Fall.

 Dr. Claudia Rossbach

Rechtsanwältin