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Piraten-Europaabgeordnete Reda bezeichnet Composers Club als „Industrievertreter“ und versucht vom tatsächlichen Interesse der Industrie-Lobby an ihrem eigenen Berichtsentwurf abzulenken

Die Piraten-Europaabgeordnete Julia Reda ist Berichterstatterin für die Evaluation der EU-Urheberrechts-Richtlinie und hat mittlerweile einen Berichtsentwurf vorgestellt. Dieser wird nun heftig diskutiert. Insbesondere gibt es mehr als 550 (!)  Änderungsanträge zu Redas Reformvorschlägen von den Vertretern anderer Parteien im Europaparlament, erscheinen doch viele von Redas Vorschlägen als kulturell wenig wünschenswert, vielfach sehr praxisfern und auch als folgenschwere Beschneidung der Rechte professioneller Urheber.
 
Julia Reda führt nun in einem Interview auf WIRED  (https://www.wired.de/collection/latest/julia-reda-uber-urheberrecht-und-lobbyismus-europa) den für sie unangenehmen Gegenwind ganz simpel auf den Einfluss von „Lobbyisten“ und „Industrievertretern“ zurück. Auf die Idee, dass es kulturelle und menschenrechtliche Gründe für Kritik an ihren Positionen geben kann, kommt sie nicht. Auch die Tatsache, dass es massives Lobbying für ihre Sicht der Dinge gibt, erwähnt sie nicht.
 
Wie wenig differenziert und angemessen Redas Einschätzung urheberrechtlicher Belange ist, zeigt sich auch darin, dass sie den Composers Club e. V. als „Industrievertreter“ bezeichnet. Tatsächlich jedoch sind im Composers Club ca. 300 freiberuflich tätige Komponisten organisiert. Durch ihren Zusammenschluss versuchen hier künstlerisch tätige Individuen, ihre Interessen gerade gegen große Organisationen und „Industrien“ zu stärken und durch einen ehrenamtlich arbeitenden Vorstand nach außen darzustellen. In diesem Sinne hatte der Composers Club in einem kurzen Schreiben (http://www.composers-club.de/betr-stellungnahme-zur-berichterstatter-ernennung-des-juri-ausschusses/) an u. a. verschiedene MdEPs einem kritischen Brief des Komponisten Matthias Hornschuh (der nicht einmal Mitglied des Composers Club, sondern Vorsitzender des Berufsverbandes mediamusic e. V. ist), unterstreichend Gewicht verliehen und ebenfalls Kritik an der Ernennung Julia Redas als Berichterstatterin geäußert. Julia Reda nimmt solche Stellungnahmen, die demokratisch legitim sind und zum politischen Tagesgeschäft gehören, nun offenbar zum Anlass, Personen und Berufsverbände zu diskreditieren, die nicht ihrer Meinung sind. Besonders unschön fällt dabei ins Auge, dass Reda industrieunabhängige Urheber (für die sie das Urheberrecht zu optimieren vorgibt) oder ihre Berufsverbände unlauter als Industrievertreter einordnet, um sich mit ihren Positionen sachlich nicht auseinandersetzen zu müssen.

Wenn Julia Reda die bloße Tatsache, dass an ihrem Berichtsentwurf von vielen Seiten Kritik geübt wird, auf den Einfluss einer (uns betreffend vermeintlichen) Industrie sowie ihrer Lobbyisten zurückführt, sollte sie sich unserer Meinung nach die Frage stellen, inwieweit nicht vielmehr ihr eigener Berichtsentwurf durch den Einfluss von Großunternehmen und ihren Lobbyisten geleitet wurde. Es gibt nämlich ein massives Interesse von Internet-Monopolisten wie Google, die Vorschläge von Julia Reda zu unterstützen. Sie sind es, die von einer Schwächung des Urheberrechts massiv wirtschaftlich profitieren, weil die freiere Verbreitung von digitalen Inhalten über ihre Infrastrukturen IHNEN Geld in die Kassen spült. Es sind Suchmaschinen, Aggregatoren und milliardenschwere Internetportale, die im Gegensatz zu einem lediglich aus Mitgliedsbeiträgen finanzierten Composers Club teilweise über jährliche Millionensummen für professionelle Einflussnahme durch die Arbeit bezahlter Lobbyisten verfügen.
 
Mit dem leichtfertigen und unschönen Vorwurf an ihre Politiker-Kollegen, von Lobbyismus geleitet zu sein, versucht Julia Reda von solchen Hintergründen abzulenken. Dabei lenkt sie aber letztlich durch die schiere Unvergleichbarkeit der Umstände die Aufmerksamkeit auf sich selbst und erscheint dabei in zweifelhaftem Licht.
 
Dass Politiker aller Parteien Änderungsanträge zum Entwurf einreichen, ist unserer Auffassung nach ein Zeichen, dass die Politik nicht vollends käuflich ist und sich die Digital-Politik nicht von milliardenschweren internationalen Konzernen, ihren Lobbyisten und den ihnen zugewandten Branchenverbänden vorschreiben lässt, obwohl diese massiv auf die EU-Politik Einfluss zu nehmen versuchen, wie etwa dieser offene Lobby-Brief zeigt (https://netzpolitik.org/wp-upload/OpenLetter-EnsuringBalance.pdf), der auch von Mathias Schindler (Julia Redas Mitarbeiter) über Twitter verbreitet wurde.
 
Wir begrüßen dies sehr und danken all jenen Politikern, die sich ideell und konstruktiv in das komplexe, jedoch kulturell und gesamtgesellschaftlich hoch brisante Thema eingebracht haben.
 
Mit freundlichen Grüßen
Der Vorstand