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Liebe Mitglieder,

wie ihr mitbekommen habt, sind am 1. März 2017 wichtige Änderungen des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) in Kraft getreten. Insbesondere die neuen Regelungen des Urhebervertragsrechts bringen einige neue Handlungsmöglichkeiten auch für Komponisten mit sich. Auch wenn das Gesetz viele Fragen offen lässt, die wohl erst im Laufe der Zeit durch gerichtliche Entscheidungen beantwortet werden können, möchten wir Euch in Zusammenarbeit mit unserer Justiziarin Dr. Kirsten König einige häufig gestellte Fragen rund um das „Recht zur anderweitigen Werkverwendung nach 10 Jahren“ beantworten und Handlungsmöglichkeiten aufzeigen.

Geltung nur für Verträge ab dem 1.3.2017

Wichtig ist generell zu wissen, dass das neue Gesetz nur für Verträge gilt, die seit dem 1. März 2017 geschlossen wurden. Es gibt keinerlei Rückwirkung auf zuvor geschlossene Verträge (Alt-Verträge), auch wenn sie schon mehr als 10 Jahre alt sind.

Recht zur anderweitigen Verwendung von Werken nach 10 Jahren

Das neue Gesetz sieht vor, dass im Falle einer exklusiven Rechteeinräumung gegen eine Pauschalvergütung („Total- Buyout“) der Urheber nach 10 Jahren das Recht zur anderweitigen Verwendung hat. Das eingeräumte Recht wandelt sich in ein einfaches Nutzungsrecht des Lizenznehmers um, während der Urheber auch anderen Lizenznehmern ein einfaches Nutzungsrecht einräumen darf. Frühestens 5 Jahre nach Vertragsschluss kann jedoch zwischen Lizenznehmer und Lizenzgeber eine unbefristete Exklusivität eingeräumt werden. Hieran schließen viele Fragen an, die wir nachfolgend erörtern.

Verlagsverträge nur am Rande betroffen

Regelmäßig werden Nutzungsrechte und gesetzliche V ergütungsansprüche in dem im jeweiligen Verlagsvertrag festgelegten Umfang Verlagen eingeräumt, wobei der Verlag für die Rechteübertragung eine einmalige nicht verrechenbare Vergütung zahlt. Es stellt sich daher die Frage, in wieweit Verlagsverträge nunmehr nach 10 Jahren „non- exklusiv“ werden und Urheber ihre verlegten Werke anderweitig ohne Verlagsbeteiligung nutzen dürfen. Nach Beratungen mit der GEMA und mit Dr. König kommen wir zu dem Schluss, dass aufgrund der fortlaufenden Beteiligung der Komponisten an den Einnahmen aus Nutzungsrechten und gesetzlichen Vergütungen über die GEMA die neue Regelung keine Wirkung auf den Kern üblicher Verlagsverträge hat und keine Non-Exklusivität nach 10 Jahren eintritt. Allerdings sind alle in einem Verlagsvertrag geregelten Rechteübertragungen isoliert zu betrachten, und nahezu jeder Verlagsvertrag enthält Rechteübertragungen für Synch-Rights, die vom Verlag selbst und nicht von der GEMA wahrgenommen werden, sofern der Verlag das Synch-Recht von der GEMA zurück gerufen hat. Sollte in diesem Bereich keine fortlaufende Urheber-Beteiligung (üblich sind 50%) festgelegt, sondern ein Buyout vereinbart worden sein, kann der Urheber nach dem neuen Recht davon ausgehen, dass er ohne anderweitige Vereinbarungen 10 Jahre nach Vertragsschluss unabhängig vom Verlag auch selbst über diese Rechte verfügen und Lizenzierungen vornehmen darf. Beispielsweise könnte 10 Jahre nach Vertragsschluss ein Musiktitel für einen Werbespot lizenziert werden, ohne den Verlag um Erlaubnis zu fragen oder an der Lizenzgebühr zu beteiligen. Die darauf folgenden Einnahmen aus Nutzungsrechten und gesetzlichen Vergütungen (von der GEMA wahrgenommen, z.B. aus dem Senderecht) würden aber weiter nach GEMA-Verteilungsplan zwischen Verlag und Urheber aufgeteilt. Auch kann ein verlagsfreier Urheber im Fall, dass er das Filmherstellungsrecht für eine Filmproduktion von der GEMA zurückgerufen und gegen eine pauschale Vergütung eingeräumt hat, nach 10 Jahren ohne anderweitige Regelungen – die nach 5 Jahren frühestens zu treffen wären – die betreffende Musik auch für andere Filme lizenzieren und muss nicht mehr von der exklusiven Bindung an den Ursprungsfilm ausgehen.

Unbefristete Exklusivität gegen Vergütung

Sollte vom Lizenznehmer 5 Jahre nach Vertragsschluss die unbefristete Exklusivität gefordert werden, sollte ein Urheber diese nur gegen eine gesonderte Lizenzvergütung einräumen.

Wirkung auf Verträge mit ausländischen Verwertern

Dieses komplexe Thema werden wir gesondert behandeln. Wir gehen nach erster Einschätzung davon aus, dass auch das neue Urhebervertragsrecht keine Schwierigkeiten in solchen Vertragsverhältnissen zwischen deutschen Urhebern und ausländischen Verwertern verursachen wird, die in der bisherigen Rechtssituation reibungslos funktionierten.

Häufige Werknutzung ist angemessen zu vergüten

Auch im Bereich des vorher schon bestehenden Rechts auf angemessene Vergütung gibt es eine Neuerung. Nunmehr stellt auch die Häufigkeit der Werknutzung ein Kriterium für die Ermittlung des Nutzungsumfangs dar. Damit entspricht das Gesetz präziser als zuvor dem Verfahren, das die GEMA ohnehin praktiziert, nämlich Werknutzungen einzeln zu vergüten. Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass sich für Verwerter weniger Vorteile aus der Nutzung GEMA- freier Musik ergeben. Es ergibt keinen Sinn, aufgrund häufiger Werknutzungen auf GEMA-freie Musik auszuweichen, um dadurch Vergütungen einsparen zu können, denn ein Urheber hat nun per Gesetz das Recht, sich diese Vergütungen einzuholen. Werknutzer, die nicht für die Vergütung häufiger Nutzungen (etwa über die GEMA) sorgen, nehmen somit Rechtsunsicherheit in Kauf.

Verbesserter Auskunftsanspruch

Urheber haben nunmehr einen gesetzlich verankerten Anspruch auf Auskunft über Art und Umfang der Nutzung ihrer Werke. Sie können von einem Verwerter als ihrem Vertragspartner einmal jährlich eine präzise Aufstellung verlangen. Auch von Dritten (also nicht dem direkten Vertragspartner) können Informationen verlangt werden, wenn sie Teil der Verwertungskette sind. Es besteht jedoch keine völlige Klarheit darüber, welche Informationen Verwerter immer bereithalten müssen. Und der Auskunftsanspruch entfällt, wenn die Vergütung des Urhebers nach einer gemeinsamen Vergütungsregel (etwa durch einen Urheberverband mit einem Verwerter verhandelt) erfolgte.

Mit freundlichen Grüßen

Euer Vorstand